Über das Kindliche

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Über das Kindliche

„Da ich ein Kind war, da redete ich wie ein Kind, ich fühlte wie ein Kind, ich dachte wie ein Kind. Als ich ein Mann ward, war es mit des Kindes Welt vorbei“ oder andere Übersetzung: „tat ich weg, was kindlich war“ aus den Paulus-Briefen an die Korinther 1. 13. „Das Hohelied der Liebe“, Bibel. 

Was ist das Kindliche, wann und wie beginnt es? Muss es irgendwann zwangsläufig aufhören? Fängt es an mit Schwangerschaft oder Geburt? Bei der Geburt wird das ganz und gar versorgende lebenserhaltende Milieu abrupt verlassen. Das Kind wird in die Welt gepresst, drängt hinaus. Die erste eigenständige Leistung ist das Atmen, der Lebenshauch, aller Anfang. Das Urgefühl, leben zu wollen, das sich im ersten Atemzug äußert, ist die Grundlage aller weiteren Entwicklungen, eine Lebenswunschbekundung „aus dem Bauch heraus“.

Das frühkindliche Leben ist geprägt von absoluter Abhängigkeit und unabdingbaren Ansprüchen des Kindes an die Umgebung. Das Urvertrauen wird aufgebaut und erweitert sich je nach Erfüllung der existentiellen Bedürfnisse zu Selbstvertrauen, zu Allmachts-gefühlen, zu totaler Egozentrik, zur Fantasie ohne Grenzen. Eigene Innenwelten entstehen, magisches Denken wird entwickelt.

Kindlich empfunden heißt das: Alles, was ich tue, ist richtig. Alles, was ich haben will, ist berechtigt. Ich zeige ohne Erklärung, Einschränkung oder Bewertung, wie es mir geht und was ich will. Ich lebe im Hier und Jetzt. Alles, was gerade ist, gefühlt wird, ist die Wahrheit. Ich kann alles und mir stehen alle Möglichkeiten offen.

Was hat das Kindliche mit der Kunst zu tun?

Unabhängig von den Gesetzen des Erwachsenenlebens bedarf es, um Kunst zu machen oder Kunst zu verstehen, immer mindestens eines Funken dieses ganz frühen Lebenswillens, dieses ersten Atmens.
Es ist also wichtig, von dem ursprünglich Kindlichen noch viel zur Verfügung zu haben, diese Lust an der Vermöglichung und Verwirklichung des in der Realität Unvorstellbaren, was manchmal auch der Anfang einer Erfindung sein kann.

 Was bringt am Anfang das Kind dazu, zu atmen, was bringt gerade dieses Sperma dazu, auf das einladende Ei zu stoßen? Warum will Leben gelebt werden, aus sich heraus? Wunder, „höhere Macht“? Kunst will ähnlich aus sich heraus entstehen. Ein Schöpfungsakt geschieht, wenn der Künstler seiner Idee nachgibt, seinen Plan in die Tat umsetzt, seinem Werk seinen Atem einhaucht, „aus dem Bauch heraus“, natürlich nicht ohne notwendiges professionelles Handwerk, entsprechende Fähigkeiten und Fertigkeiten.

Kindlich ist nicht kindisch. Kindlichkeit ist wertfrei, unverbraucht, spontan, spielerisch und voller Vertrauen in eine grenzenlose Verwirklichung von Ideen und Träumen.  „ Als ich ein Kind war….“  Dieses kindliche Denken und Fühlen muss mir zugänglich sein, um Kunst zu erschaffen.  Aber auch die kindliche Verzweiflung, die Wut bei Versagungen, die Kon- frontation mit der Unzulänglichkeit muss noch spürbar sein.

Also sollte  es im Erwachsenenalter nicht „mit des Kindes Welt vorbei sein“, bis ins hohe Alter, letztlich bis zum Tode nicht.

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